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"Was bleibt..."


ie warme, aber unaufdringliche Septembersonne dieses Nachmittages war unwiderstehlich – und so saß ich bei einer Tasse Koffein vor der kleinen Bäckerei zwei Häuser weiter. Ich hatte Michel Houellebecqs „Elementarteilchen“ dabei und war endlich auf den letzten Seiten angelangt, zu denen ich mich oft gelangweilt und widerwillig vorgearbeitet hatte, weil mir dieses ausschweifende und ständig wiederkehrende Beschreiben der sexuellen Schwierigkeiten zweier durchschnittlich attraktiver Franzosen so gut wie keinen Zugewinn vermitteln konnte – weder in erotischer, noch in moralischer oder gar künstlerischer Hinsicht.
„Sex sell’s.“ – ein wohl immer noch gültiges geflügeltes Wort der PR-Schweine muss dabei wohl Pate gestanden haben. Schade, denn MH hat an anderen Stellen durchaus etwas zu sagen. Wie auch immer – auf Seite 348 (Taschenbuchausgabe von rororo) – stand:

„Egal, wie viel Mut, Gelassenheit oder Humor man im Laufe seines Lebens entwickelt hat, am Ende bricht es einem doch immer das Herz. Und dann lacht niemand mehr. Was bleibt, ist nur noch Einsamkeit, Kälte und Schweigen. Was bleibt, ist nur der Tod.“

Walcott heißt der RomanMensch, der das von sich gibt – und er ist eigentlich eine Randfigur in diesem Buch, keiner besonderen Erwähnung wert. Aber diese Aussage ist für mich gleich aus mehreren Gründen bedeutsam, die ich hier kurz erläutern muss.

Erstens stimmt es mich immer ein wenig heiter, wenn ich bei oder von anderen solche Sätze lese, die so etwas wie eine sprechende Depression sind. Finsterer geht’s ja kaum noch, trauriger und hoffnungsloser. Und heiter stimmt es mich deshalb, weil es so sehr meiner grundsätzlichen Gemütsverfassung entspricht, mir gewissermaßen aus dem Herzen gesprochen ist.

Und zweitens ist es natürlich eine Bestätigung, wenn ein Autor, der es zu Weltruhm gebracht hat, solche Sätze für so bedeutsam hält, dass er sie in eines seiner Bücher schreibt. „Na, bitte!“, sage ich mir dann, „Aller Kritik zum Trotz wird meine Lebensauffassung wieder einmal als ernst zu nehmend dargestellt“.

Und drittens war genau diese Stelle in dem Buch, das ich für ein oder drei € gebraucht gekauft hatte, von einem VorLeser oder einer VorLeserin mit Kugelschreiber markiert. Also sind wir nun schon drei, die eine solche Düsternis für erwähnenswert halten. Und es werden wohl noch mehr sein, viel mehr, vielleicht sogar fast alle.

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