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"Malerei ist die Kunst die Seele zu bewegen durch Vermittlung der Augen.
Wenn der Maler nur bis zu den Augen kommt, hat er nur den halben Weg zurückgelegt."
Denis Diderot, 1713 - 1784
(französischer Schriftsteller, Philosoph, Aufklärer, Literatur- und Kunsttheoretiker)

II

Maler und Anstreicher


ersetzen Sie sich - so gut es geht - einmal in Gedanken in das Jahr 3021, also etwa 1.000 Jahre in die Zukunft. In einer verlassenen Stadt, einer Geisterstadt irgendwo in einem wüsten Teil dieser Erde, der vom Klimawandel völlig ausgetrocknet wurde, steht noch ein einst prachtvolles Haus mit einem großen Eingangsbereich, einer Diele fast so gewaltig wie eine Sporthalle. Eine der Wände ist über gut vier Quadratmeter hinweg farbig gestrichen, so will es aus einiger Entfernung zunächst scheinen. Die Farben - eher unregelmäßig aufgetragen - sind recht ähnlich, sie gehören einer Farbfamilie an. Es sieht ein wenig so aus, als habe der Anstreicher vor langer Zeit irgendwelche Reste verarbeitet.

Aber wenn Sie nun etwas näher herangehen, erkennen Sie, dass diese Farbfläche von einer Art Rahmen eingefasst ist, und wenn Sie noch etwas näher treten, sehen Sie, dass diese Fläche nicht zur Wand gehört, sondern auf einem großen Stück Stoff aufgemalt ist. Es scheint sich um ein Bild zu handeln, denn ganz unten rechts ist eine Art Schild angebracht. "Orange, Red, Yellow" by Mark Rothko, steht auf diesem Schild, und in etwas kleinerer Schrift wird auf einem Täfelchen darunter außerdem mitgeteilt, dass dieses "Bild" 2012 für 86.882.500 Millionen Dollar bei Christie’s versteigert wurde.
(https://de.wikipedia.org/wiki/Orange,_Red,_Yellow).

ie wissen, dass es früher üblich war, Häuserwände mit Farben zu beschmieren, "anstreichen" nannte man das, und es geschah einerseits, um die Wände etwas wetterfester zu machen, andererseits wohl aber auch aus ästhetischen Gründen, um das Grau des Mauerwerks zu verschönern. Die Farbfläche vor ihnen scheint eine Kopie eines solchen Anstrichs zu sein, natürlich nur ein Ausschnitt, aber wozu diese Kopie angefertigt wurde, erschließt sich Ihnen nicht, denn mehr als die farbigen Flächen sind nicht zu erkennen.
"86.882.500 Dollar?!" wundern Sie sich, "Das war damals eine Menge Geld - als es noch Geld gab. Das gesamte Gebäude hätte zu dieser Zeit nur einen Bruchteil gekostet."

Auch an der Wand zu Ihrer linken Hand ist eine ähnliche Farbfläche zu sehen, allerdings in einem verwaschenen Blauton, der nicht so dahingeschmiert aussieht wie das rötliche Bild. Wieder entdecken Sie das Schildchen, das Auskunft über diese ebenfalls riesige Fläche erteilt: „Onement VI“ by Barnett Newman können Sie mühsam entziffern. Und darunter wieder ein Täfelchen mit der Information, dass es dieses Werk im Jahr 2013 bei Sotheby's auf 43,8 Millionen Dollar brachte. "Nur 43,8...", denken Sie, werfen einen letzten Blick auf das erste Bild und setzen Ihren Weg kopfschüttelnd fort.

Das Bild „Onement VI“ des Amerikaners Barnett Newman brachtes 2013 bei Sotheby's „nur“ auf 43.8 Millionen. Es zeigt zwei gleichmäßig blaue rechteckige Flächen, die durch ein/eine/einen (?) „Zip“ in irgendeinem Schmuddelweiß getrennt sind. Newman erklärt dazu: „Ich empfinde, dass mein Zip meine Gemälde nicht teilt … er macht genau das Gegenteil: Er vereinigt das Ding. Er schafft eine Ganzheit. (https://www.wikiart.org/en/barnett-newman/onement-vi-1953).

ie gehen auf eine der riesigen Türen zu, die in der gegenüberliegenden Wand zu sehen sind. Der Raum, in den Sie nun gelangen, ist noch größer als die Diele, und an einer der Wände hängt diesmal ein richtiges Bild, längst nicht so groß, dafür aber mit etwas Erkennbarem, einer menschlichen Figur. Auch hier gibt es ein kleines Schild „Der Schrei“ von Edvard Munch steht darauf. Auch dieser Name sagt Ihnen nichts, alle drei Bilder sind schließlich uralte Relikte aus einer Zeit, als die Menschen noch in gemauerten Häusern lebten und nicht in den hellen und vom Licht durchfluteten Glaswürfeln oder Kristalltürmen, die im Vierten Jahrtausend in zwei Wochen bezugsfertig von 3D-Druckern ausgespuckt werden.

Das Bild mit dem "Schrei" gefällt Ihnen. Zwar ähneln die Farben dem ersten Bild in der Diele, aber hier gibt es etwas zu sehen, was Sie sicher auch in den nächsten 1.000 Jahren noch als aussagekräftige Darstellung erkennen könnten. Eine Entscheidung fällt Ihnen deshalb nicht schwer: "Das Geschmiere vorn im Eingangsbereich kommt weg. Da bauen wir zwei Fenster ein", erklären Sie den beiden Mitarbeiterinnen des Bautrupps, die inzwischen auch im Gebäude angekommen sind...

as Zitat von Denis Diderot, das hier ganz oben auf der Seite steht und auch schon auf der Startseite als wichtiger Leitgedanke platziert wurde, verdeutlichte schon vor nun fast 300 Jahren (Wir sind jetzt wieder im 21. Jahrhundert!), dass es einen Unterschied gibt zwischen Farbauftrag und Farbauftrag. Das eine ist als Anstrich bei Handwerkern gut bekannt, das andere wird gemeinhin als Malerei bezeichnet - oder eben als Kunst, wenn der/die "Anstreicherin" mehr kann, als einen Pinsel irgendwie über eine Fläche zu ziehen...

In diesem Abschnitt geht es um den „Wert“ von Kunstwerken. Die hier gezeigten Beispiele, die durchaus nicht als eklatante Fälle betrachtet werden sollten, weil sie für eine unübersehbare Zahl von Kunstwerken nicht nur der Malerei, sondern aller denkbaren Kunstarten stehen, habe ich ausgewählt, um deutlich zu machen, dass es zwischen Wert und Geldwert von Kunstwerken im großen Kosmos der Künste mittlerweile keinen vernünftigen Zusammenhang mehr zu geben scheint.

Ich wähle diese Beispiele bewusst aus dem Bereich der Malerei, weil sich durch den Abstecher in eine benachbarte Kunstwelt besser verdeutlichen – vor Augen führen – lässt, worum es mir in dieser Lyrikologie beim Urteilen über die „Lührigg“ geht. Bei dieser geht es zwar nicht um immense Geldbeträge, aber die Fragen und Gesetze, die bei den Bildern erkennbar werden, sind auch für die „Lührigg“ gültig.

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.“ Diese Handwerksregel aus dem Journalismus stand Pate beim Auswählen dieser drei „Gemälde“, von denen nur eines meiner Ansicht nach auch ein Gemälde ist. Das ist wie bei den „Gedichten“ der modernen Lühriggerinnen, die alle weit davon entfernt sind, wirkliche Gedichte zu schreiben. Hier zunächst eine Darstellung des Problemfeldes anhand des Anschauungsmaterials:

Man betrachte nun einmal in aller Ruhe diese beiden „Gemälde“, lasse den Anblick auf sich wirken, gebe sich noch zehn oder dreißig Sekunden (Minuten, Stunden) Zeit – und lese dann noch einmal das Gedicht „Kunst“ von Joachim Ringelnatz. Oder meine Verse [60]. Oder Friedrich Nietzsches „Vereinsamt“. Oder Rilkes „Herbsttag“. Oder – um im Genre zu bleiben – sehe sich zum Beispiel den „Schrei“ des Norwegers Edvard Munch an.

Die ersten – zugegeben emotional sehr aufgeladenen – Fragen dazu:
• Bin ich da wirklich ganz allein, wenn mir angesichts der beiden ersten beiden Bilder und ihres Preises und dann beim Lesen der genannten Verse schwarz vor den Augen wird? Wird da nur mir schwindelig und übel?

• Bin ich mit meinem Zorn und meiner Verzweiflung angesichts dieses Irrsinns (natürlich nicht der Gedichte, sondern des „Wertes“ der beiden so gekonnt eingefärbten Leinwände) wirklich allein?

• Sollte da nicht jeder Mensch, der noch so etwas wie Menschlichkeit besitzt, nicht ebenfalls aufschreien mögen, aufheulen müssen?

• Wie kann es geschehen, dass für zwei Quadratmeter blauer Farbe Millionen hingeblättert werden, ohne dass sowohl Käufer als auch Verkäufer sofort von einem Blitz aus der Hölle getroffen und erschlagen werden?

Es ist üblich, dass man für etwas Geld bezahlt, wenn man es haben will, und je nach dem, wie sehr man dieses Etwas haben will, zahlt man mehr oder weniger Geld. Und jetzt die Frage:

• Wer will diese blaue Tapete mit dem Strich in der Mitte so sehr haben, dass 44 Mio. $ dafür gegeben wurden?

• Was sagt es über alle Beteiligten, die bei dieser Schändung des wahren Wesens künstlerischen Schaffens einfach und wortlos mitmachen, also auch über die Kunstkritiker und das Publikum? Was bedeutet es zudem, dass bei diesen Umtrieben reiner Geldgier und völlig sinnloser Geldverschwendung zu keiner Zeit ein großes Murren aufbrandet?

ber mir ist nicht einmal so sehr darum zu tun, den Irrsinn der utopischen Preise zu geißeln – „utopisch“ nicht wörtlich, sondern so verstanden, dass es sich um etwas handelt, was so sehr aus dem Rahmen fällt, dass es jeden Bezug zu einer begreifbaren Wirklichkeit verloren zu haben scheint. Was irgendwelche hirnamputierten Millionäre oder Milliardäre mit ihrem Geld machen, ob es moralisch-ethisch vertretbar ist, ob die Politik daran etwas ändern sollte, damit die Reichtümer „gerechter“ verteilt werden – all das gehört hier nicht hin, allenfalls in eine verDichtung (schreibe ich vielleicht noch irgendwann).

Es geht um etwas viel Bedeutenderes, nämlich um den Wertverlust, den die Kunst durch das Geld erfährt. Nicht nur, dass durch die Mondpreise – und auch kleinere Summen besitzen diese „astronomische“ Dimension – aller Welt vorgegaukelt wird, ein derartig taxiertes „Werk“ sei exzellente, bedeutende, eben wertvolle Kunst. Viel übler ist es, dass es sich im Wortsinn „eingebürgert“ hat, dass die „Leistung“ eines Künstlers mit einem materiellen Gegenwert ausgeglichen oder belohnt werden kann. Dass Maler, Musiker, Poeten, Regisseure oder Schauspieler für ihr Schaffen bezahlt werden sollten, ist nicht strittig; „...denn wer arbeitet, ist seines Lohnes wert“. Das lehrt schon Lukas im Neuen Testament. Und auch, dass Lieder, Bücher, Filme, Bilder oder Skulpturen in einer ihren Eigenarten jeweils angemessenen Form verkauft werden dürfen und müssen, damit die Hersteller von Künstlerischem in gleicher Weise verdienen, davon leben können, wie die Hersteller von Wäscheklammern, steht außer Frage.

Fraglich hingegen – oder um es ganz deutlich zu sagen: ekelhaft und beschämend – wird es in dem Augenblick, wo nicht einfach mehr verkauft, sondern „vermarktet“ wird, wenn ein Publikum nicht mehr entsteht, weil durch Mund-zu-Mund-Propaganda oder durch die (journalistisch-kritische) Berichterstattung der Medien immer neue Interessenten das Werk eines Künstlers kennenlernen, „haben“, wollen, sondern mit allen Finessen des Marketings versucht wird, ein „Produkt“ an den Mann (die Frau), unters Volk zu bringen, etwas, das vor allem und oft ausschließlich als Ware betrachtet und gehandelt wird und nicht mehr als das „geistige“ Werk eines großen, weil besonders begabten oder besonders konzentriert-strebsamen Menschen.

Newmans "Kunstwerk" - dies sei hier noch angemerkt - wird übrigens geradezu lächerlich gemacht, wenn man weiß, dass es ein nahezu gleiches Bild (allerdings mit mehr Verstand hergestellt) von Clyfford Still aus dem Jahr 1951 mit dem Titel "PH-247" gibt, das man sowohl im Clyfford Still Museum in Denver (USA) als auch unter https://artsandculture.google.com/asset/ph-247/UwFJ_OAJvCBv2Q hochauflösend fotografiert betrachten kann. Auch "PH-223" vom selben Künstler kann da noch angeführt werden, alles Bilder, die so ähnlich sind, dass sich ein besonderer Wert durch Einzigartigkeit für Newmans Kleckserei auf keinen Fall herleiten lässt – zumal Stills Werke deutlich älter sind, Newman also doch wohl nur „abgemalt“ hat.

Da passt das mit den Pflastersteinen aus Basalt oder Granit gut, die nur durch goldenen Sprühlack zur „Kunst“ mutieren.

arketing ist immer auch Werbung, Reklame und damit (fast) immer mit Aussagen – gleich welcher Art – verbunden, die von der Wahrheit in der Regel möglichst großen Abstand halten und bei genauem Hinsehen auch halten müssen, denn es soll ja verkauft werden. Es handelt sich schlicht um gelogenes Zeug, um es klar zu sagen. Allein dadurch wird alles wahrhaft Künstlerische verraten und entwertet, dass es durch methodisch Gelogenes angepriesen und vermarktet wird.

Hierüber darf noch lange nachgedacht werden, weil es viele Fragen berührt, die durchaus grundlegend sind, wenn darüber gestritten werden soll, was denn nun „Kunst“ sei, woraus sie besteht und wie sie entsteht. Nur einige Beispiele:

• Ist (Sollte, Darf, Kann) ein wirkliches Kunstwerk darauf angewiesen sein, dass die Marktschreier ihm Aufmerksamkeit zu verschaffen versuchen?

• Spricht es nicht schon gegen den Wert eines Kunstwerkes, wenn für dessen Beachtung geworben wird, werden muss?

• Welchen Schaden nimmt das Verstehen eines künstlerischen Werkes, wenn sich auch Menschen damit befassen, sich dazu äußern – zum Beispiel bewertend – die es nie kennengelernt, sich nie dafür interessiert hätten, wenn sie nicht auf eine Reklame reagiert hätten, hereingefallen wären?

• Welches künstlerische Selbst-Verständnis haben Menschen, deren „Werke“ nur deshalb beachtet werden, weil irgendeine Werbetrommel dafür gerührt wurde? Welches Verhältnis zur Wahrheit, zur Wirklichkeit können solche „Künstler“ entwickeln, besitzen, deren „Produkte“ durch Lügengeschichten verbreitet werden, im besten Fall durch Übertreibungen?

• Ist es nicht bereits ein klares Zeichen für niederen Charakter und damit für mindere Qualität seiner Werke, wenn sich ein „Künstler“ kaufen lässt?

• Verraten diese „Künstler“, deren Produkte zu Mondpreisen gehandelt werden, nicht die Kunst, von der sie leben, verhöhnen sie nicht ihr tiefstes und eigentliches Wesen, wenn sie so viel Geld für Gegenstände annehmen, die sie an einem verregneten Nachmittag zwischen der zwölften Zigarette und dem dritten Aspirin zuwege gebracht haben?

• Ist Geld nicht vielleicht in jeder Form bereits das grundlegende Verderbnis der wirklich wertvollen Kunstwerke, weil deren Wert niemals durch einen „Marktpreis“ widergespiegelt werden kann?

• Wie lange mögen die beiden Maler an den hier vorgestellten Bildern „gearbeitet“ haben? Welchen Wert haben Zeitaufwand, Mühe, Arbeit und Können, dürfen sie überhaupt eine Rolle spielen, wenn es darum geht, Kunst zu bewerten?

• Wie bezahlt, „entschädigt“, man Künstler, die nicht Produkte herstellen, sondern für ihre Kunst leben, deren ganzes Leben diese Kunst ist, dieser Kunst gehört, durch diese Kunst bestimmt ist, die zudem oft sogar für ihre Kunst mit dem Leben bezahlen? Als Beispiele nenne ich in willkürlicher Reihung und sehr unvollständig Nietzsche, Hölderlin, Zweig, Celan...

Friedrich Nietzsche „Vereinsamt“e und Barnett Newman kassiert 44 Millionen Dollar für s.eine blaue Tapete Nr. VI…

nd ich könnte kotzen...
...nicht nur vor Ekel angesichts der Unsummen, die für diese bemalten Fetzen Altpapier hingeblättert werden, sondern auch vor Wut darüber, dass durch die Blödheit eines gewissenlosen Menschenschlags einmal mehr Maßstäbe ihre Gültigkeit verlieren, die eigentlich grundlegend dafür bleiben sollten, ob ein Produkt als Kunst - und damit meine ich wertvolle Kunst - gelten kann. Ein solcher Maßstab ist ganz sicher die Mühe oder die Anstrengung oder der geistige Aufwand und damit auch die Herstellungszeit für ein Werk, wobei es völlig unerheblich ist, ob es sich um Musik, Malerei, Poesie oder sonst irgendein Metier aus dem vielfältigen Reich des kreativen Schaffens handelt.

Für eine verDichtung brauche ich - selbst, wenn es sich um eine leichtere Gebrauchslyrik handelt - mindestens drei bis fünf Tage bis der letzte Vers und das letzte Wort feingeschliffen sind. Wenn es sich um kompliziertere Gebilde (sowohl inhaltlich als auch formal) handelt, können schon einmal locker drei Monate, wenn nicht sogar Jahre vergehen, bis ich endlich mit dem zufrieden bin, was ich zu Papier oder zur Disk gebracht habe. Und wer einen Roman oder ähnliches schreibt, kann das ganz gewiss nicht an zwei Wochenenden zuwege bringen. Leider habe ich vergessen, welcher Schriftsteller (ich erinnere sehr dunkel einen Mann) es war, der die Frage, wie viel er täglich schreibe lapidar mit "Etwa eine Seite." beantwortete. Oder Sybille Berg in der Süddeutschen: "Tagelang kann ich auf der Suche nach dem einen richtigen Wort zubringen."

Dass für Lyrik fast nichts bezahlt wird, bei einem Prosawerk hingegen schon einmal so viel erlöst werden kann, dass sich die Schriftstellerin einen guten Neuwagen oder sogar eine Eigentumswohnung davon kaufen kann, ist eine seit Jahrhunderten akzeptierte Tatsache. Wer schreibt, der bleibt - aber in aller Regel meistens nur knapp oberhalb des Existenzminimums.

Und dann kommen so ein paar hirnfreie Pinselschwinger daher, die mit sinnlosen Farbflächen und sinnfreien Erklärungen viele Millionen abstauben, für die sie höchstens eine Doppelstunde im Kunstunterricht einer Volkshochschule "arbeiten" mussten.

Da muss einem doch die Galle hochkommen...

Und es ist kein Neid, der diesen Körpersaft in Wallung bringt, sondern ganz klar der Zorn und auch das Bedauern darüber, dass einmal mehr Geldgier und bodenlose Dummheit den Kampf gewonnen haben, bei dem es nicht einfach nur um materielle Vorteile geht, sondern um ideelle Werte wie das wahrhafte Bemühen um Schönheit, Genauigkeit, Vollendung und eine tiefe und gelungene Verständigung, wie es Denis Diderot schon vor Jahrhunderten – und für die nächsten hunderttausend Jahre – erkannt hat: siehe oben.

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