|
[36] brich den rekord im regelbrechen zerbrich ein herz – dann hast du zwei fang einen fisch – und lass ihn sprechen versperr die tür – dann bist du frei
versteck das hässliche im schönen lern von dem wilderer latein du wirst es dir nie abgewöhnen im streichelzoo der wolf zu sein denk daran sonntags nicht zu lügen und dich geschickter zu betrügen blas den orkan im wasserbett
fahr neunerbahn mit roten zahlen friss mandelbrot mit den fraktalen
im chaos wirkt ein schwein adrett
Sinniger Unsinn!? Eine Interpretationshilfe
In diesem Gedicht geht es inhaltlich um sehr abstruse Sachverhalte. Auch wenn einzelne Verse den Eindruck erwecken als sei hier eine sinnvolle Aussage enthalten, so schwindet dieser Eindruck von Vers zu Vers, weil diese vermeintlich tiefsinnigen Aussagen im Zusammenhang keinen rechten Sinn mehr zu ergeben scheinen.
Auch im Titel wird noch einmal deutlich, dass es sich um Aussagen handelt, die völlig blödsinnig erscheinen, obwohl das gedankliche Verweilen bei den einzelnen Versen zum Erstaunen und Grübeln verleitet, das verblüffende Folgen haben kann und immer wieder zu den seltsamsten Interpretationen der Verse anstiftet, die ihren Hintersinn anscheinend nicht so ohne weiteres preisgeben wollen.
Zudem handelt es sich formal um ein Sonett, also um ein Klanggedicht, in dem es um das Melodiöse, um den Klang der Wörter geht, deren Bedeutung zwar in jedem Vers ins Absurde getrieben, ins Phantastische verschoben wird, was aber dazu führt (oder führen soll), dass das Liedhafte bei jedem neuen Lesen an Wucht gewinnt, weil kein ganzheitlicher Sinn die Aufmerksamkeit bindet. Und eben diese klangliche Wucht erhöht den Reiz, die einzelnen Inhalte doch immer wieder zu betrachten.
Die Titelzeilen „der wolf im wasserbett“ lassen zunächst zumindest schmunzeln, führen aber in einem nächsten Schritt zu der Überlegung, dass so ein Tier dort eigentlich nicht hingehört. Die Wirklichkeit wird sowohl durch diesen Titel durchbrochen als auch durch alle anderen Einzelverse.
Und das ist wohl der „Sinn“ dieses Gedichts: die Wirklichkeit auf einem rhythmisch schaukelnden Schiff zu verlassen und wie im Halbschlaf ins Ungewisse zu segeln – immer in der Hoffnung, dass an einem fernen Gestade die Sonne aufgeht und das Nebulöse einem klaren Himmel weicht.
|
|